- Details
- Kategorie: März
- Zugriffe: 273
30. März - Die, die nichts zu sagen haben, reden...
viel. Die, die etwas zu sagen haben, hingegen kaum.
unbekannt
Zwei Jahre bevor ich dauerhaft abstinent werden durfte, machte ich eine Therapie in Bad Tönisstein am Rhein. Ich hörte aufmerksam zu, lernte viel und behielt auch das meiste. Auch wendete ich es bei meinen Mitpatienten (heute Mitklienten) gleich an. Ich entwickelte mich zum Co-Therapeuten und hatte mich dabei völlig vergessen. Ich häufte einfach nur Wissen an ohne dieses Wissen bei mir zu verwenden. Mich mit diesem Wissen einfach mal zu reflektieren kam mir nicht in den Sinn. Heute weiß ich warum. Es hätte weh getan.
Mit meinem angehäuften Wissen ging ich nach der Therapie in die Selbsthilfegruppe und damit ich nichts vergesse, packte ich es auch noch in schriftlicher Form in einen Aktenkoffer. Die Gruppenmitglieder begrüßten mich freundlich doch innerlich verdrehten sie die Augen.
Als ich an der Reihe war nahm ich mir den Raum, sehr ausführlich über meine Leben an sich und über mein zukünftiges, abstinentes Leben zu berichten. Ich redete fast eine ganze Stunde und alle vermittelten mit freundlich, dass sie mir zuhörten, obwohl ich aus heutiger Sicht denke, dass nicht wenige dabei waren, die schon innerlich abgeschaltet hatten.
Ich brachte mein angehäuftes Wissen vor und auch an den folgenden Abenden, berichtete ich nur von dem was ich auswendig gelernt hatte. Die Frage der Gruppe: „Wo kommst du als Gerald darin vor?“ verstand ich nicht. Die Gruppe wusste schon lange, dass es nicht mehr lange bis zu meinem Rückfall dauern konnte.
Heute sitze ich in der Gruppe, ruhe in mir und höre aufmerksam zu. Ich frage mich bei dem Gehörtem immer: Was hat das mit mir zu tun? Wenn ich mich dann melde, rede ich nicht mehr stundenlang, sondern bringe es mit einfachen Worten oder gedanklichen Bildern auf den Punkt.