Lebendigen an, und wer lebt, muss auf Wechsel gefasst sein.

Johann Wolfgang von Goethe

Es gab einige Menschen, die ich begleitet habe, die vegetierten nur noch vor sich hin und schütteten ohne Verstand den Alkohol in sich hinein. Es war schwer an sie heran zu kommen. Bei vielen gelang es mir früher oder später, doch bei einigen eben auch nicht. Die entließ ich wieder in Ihre Verantwortung.

Doch einem, sagte ich. „Das Leben gehört den Lebendigen, doch Du bist schon tot, Du bist nur zu faul zum Umfallen.“

Diesen Spruch hatte ich mal irgendwo gehört und er schien mir immer zu hart zu sein. So etwas können man einem Menschen nicht sagen. Doch bei diesem Menschen war mein Mundwerk schneller als mein Gehirn und es war gesagt, bevor ich reagieren konnte. Ich wartete auf eine Reaktion von Ihm. Er sagte nur ein Wort. „Warum?“

Ich beschrieb Ihm seine Situation, wie sie sich mir, mit meiner Außensicht, darstellte. Deine Frau und deine Kinder leben ihr eigenes Leben, von dem Du kein Teil mehr bist. Das kannst Du auch nicht mehr sein, da Du Dich entschlossen hast Alkohol in großen Mengen zu konsumieren. Dadurch bist Du unzuverlässig und untragbar für sie als Familie geworden. Sie haben viel versucht um Dich ins Leben, in Ihr Leben zurück zu holen. Doch leider hieltest Du an der Flasche fest. Deshalb haben sie beschlossen, Dir Deine Verantwortung für Dein Leben wieder selbst, mit allen dazu gehörenden Konsequenzen, tragen zu lassen. Du lebst in Deiner selbstgewählten Isolation und nimmst die Wandlungen um Dich herum noch nicht einmal wahr. Veränderung ist Leben und Du bist kein Teil mehr davon und deshalb bist du ein Zombie, eine lebende Leiche. Dann ging ich.

Eine Woche später ging er in die Entgiftung und tat den ersten Schritt in die dauerhafte Abstinenz. Isolation ist das beste Zeichen dafür, dass ich nicht mehr am Leben teilnehme.